Ein Jahr in Christchurch „How about we put Lisa in a boat and tell her that it’s going back to Germany, but for real it’s going back to our home so she can stay with us forever!”, sagt C. (drei Jahre alt) vor dem Frühstück zu ihrem großen Bruder O. (fünf Jahre). Ich streiche Butter auf das Brot und schneide zwei Kiwis auf, die ich den Kindern hinstelle und denke daran, dass meine Zeit am anderen Ende der Welt viel zu bald zu Ende ist. Über ein Jahr ist es her, dass ich eine E-Mail von meiner Gastmutter bekam, auf die einige weitere, sowie zwei Skype Gespräche mit ihr und meinem Gastvater und schließlich die Entscheidung, dass ich für 11 Monate in Christchurch leben sollte, folgten. Wie aufgeregt ich war, als ich im Juli am Flughafen zum ersten Mal meine Gastmutter und die beiden Kinder gesehen habe und dann später zu Hause, wo ich meine Gastoma und das jüngste Kind der Familie, E., die noch ein Baby war kennen gelernt habe. Das kommt mir jetzt vor als wäre es ewig her. Ich habe mich schnell in den Tagesablauf eingefunden. Schnell war es normal, von einem schreienden Baby geweckt zu werden, daraufhin Frühstück für drei mehr oder weniger hungrige Kinder zu zubereiten, Windeln zu wechseln, beim anziehen zu helfen, Zöpfe zu machen, Babybrei und Milch zu verfüttern und das Baby ins Bett zu bringen. Dann stand Wäsche waschen, trocknen und vor allem jede Menge bügeln auf dem Programm. Auch habe ich die Mechanismen der verschiedenen Anschnallgurte der Autositze der Kinder begriffen, habe gelernt, während des Fahrens Wasserflaschen und Dosen mit Apfelschnitzen nach hinten zu reichen und bald sämtliche Spielplätze der Stadt, sowie ein Schwimmbad, das Museum, zwei Strände und einen Indoorspielplatz gekannt. Da ich die Kinder an sechs Tagen der Woche mit ins Bett gebracht habe, ihnen Schlaflieder gesungen und bei Alpträumen getröstet habe, kam ich mir bald fast wie eine zweite Mutter vor. Abends habe ich es genossen, mich mit meinen Gasteltern über Gott und die Welt zu unterhalten und über das Leben in Neuseeland und anderswo auf der Welt sowie über alles was sie beschäftigte zu erfahren. Vor allem meine Gastmutter hatte auch immer ein offenes Ohr für meine Geschichten und die selten auftretenden Probleme. Mit der Familie habe ich mich sehr gut verstanden, sie haben mich als ein Familienmitglied auf Zeit angenommen, nicht nur die Gasteltern und Kinder, auch die Großeltern. Auch Freunde habe ich schnell gefunden. Das war nicht schwer, denn in Christchurch gab es viele Au Pairs und die meisten waren ebenfalls Deutsch. Zusammen mit ihnen habe ich viele Stunden meiner Freizeit in den verschiedenen Parks, der Mall, am Strand oder auf Reisen durch Neuseeland verbracht. Zu Weihnachten bin ich zwei Wochen lang über die Südinsel gereist und nach meiner Zeit als Au Pair hatte ich noch zwei Wochen Zeit, über die Nordinsel zu reisen. Auch zwischendurch konnte ich an verlängerten Wochenenden zu näher gelegenen Zielen reisen. Highlights waren eine dreitägige Kajak Tour im Abel Tasman National Park, eine Cave Tour in Waitomo und eine Gletscher Tour auf dem Franz Josef Glacier. Neuseeland ist wunderschön und ich habe jeden einzelnen Tag hier genossen. Sowohl in der Freizeit als auch beim arbeiten. Die Zeit mit den Kindern war unglaublich toll und ich habe ihnen mit Freude beim größer werden zugeschaut. Ich habe miterlebt wie O. angefangen hat zu lesen und zu schreiben und wie er zur Schule gekommen ist; wie C. Nachts keine Windeln mehr tragen musste, vernünftig zu sprechen gelernt hat und auch, sich alleine an zu ziehen; und wie E. erst auf den Bauch gerollt, dann gekrabbelt und schließlich gelaufen, von Babybrei auf richtiges Essen umgestiegen ist und ihre ersten Wörter gesprochen hat. Sie ist von einem Baby zu einem Kind geworden. Nach all der langen Zeit, die wir zusammen verbracht haben, fiel der Abschied sehr schwer, vor allem, da die Kinder noch immer so klein sind, dass ich wusste, vor allem die Kleinste würde sich wohl kaum an mich erinnern können. Vielleicht hilft das Fotoalbum, das ich zum Abschied dagelassen habe ein wenig und ich kann hoffentlich über E-Mail, Facebook und Briefe den Kontakt zur Familie aufrecht erhalten. Das haben die vorherigen Au Pairs meiner Gastfamilie auch geschafft. Zusammenfassend kann ich nur noch einmal betonen, dass ich in Neuseeland das bisher schönste Jahr meines Lebens verbracht, einzigartige Erfahrungen gemacht habe und innerlich sicher ein ganzes Stück gewachsen bin. Ich würde es jederzeit wieder machen und beneide jeden, der diese Erfahrung noch vor sich hat!