Hin und wieder zurück, eine Geschichte über eine unglaubliche Reise Wie und wann es genau begann, kann ich nicht mehr sagen. Es kommt mit mittlerweile so vor, als würde ich schon immer gerne mit Kindern arbeiten, neue Orte und Menschen kennen lernen und meinen Horizont erweitern. Ende der 13. Klasse entwickelte sich der Wunsch ins Ausland zu gehen. Doch die Frage war: was tun und wo? Für mich war fast sofort klar, dass ich als Au-Pair in die USA gehen werde und daran ließ sich auch nicht mehr rütteln. Von da an ging alles ziemlich schnell. Ende Juni tanzte ich noch auf meinem Abiball und Anfang Juli stand ich plötzlich in einer der größten Metropolen der Welt: New York City! Die Woche mit so vielen anderen Au-Pairs zu verbringen war toll. Es hat mir den Einstieg in ein fremdes Land erheblich erleichtert, auch wenn ich das jetzt erst richtig merke. Wir alle hatten dieselben Ängste, Hoffnungen und Erwartungen. Es war eine Woche voller neuer Bekanntschaften und ich kam mir fast so vor, als wäre ich im Urlaub (wenn man von dem Unterricht absah, der fast den gesamten Tag einnahm). Am Ende des Workshops hatten wir uns alle ziemlich an einander gewöhnt, sodass es uns schwer fiel, Abschied zu nehmen und in die Gastfamilien zu gehen. Dort war wieder alles neu. Die Menschen, die Umgebung, die Gewohnheiten, die Sprache (sofort wissen, was dies oder das bedeutet, war für mich am Anfang recht schwierig, auch, dass die Amerikaner so schnell sprachen bzw. kam es mir so vor). Aber vor allen Dingen waren die Verantwortungen neu. Natürlich hatte ich Kinder- und Jugendarbeit gemacht und Babys gesittet, aber für 2 Kinder fast den ganzen Tag zu sorgen, 5 Tage die Woche und das 12 Monate lang, ist damit kaum vergleichbar. ‚Meine’ beiden Kids waren zu meiner Ankunft 2 (Kendall) und 7 (Patrick) Jahre alt. Mein Arbeitstag begann so gegen 7.30 Uhr und ich verbrachte dann die meiste Zeit mit der Kleinen, bis ihr Bruder aus der Schule kam. In der Zeit waren wir oft auf Spielplätzen, bei Freundinnen von ihr, haben gemeinsam gemalt, waren draußen und haben viel gelesen. Dadurch, dass Kendall selbst erst anfing zu sprechen und ich mit ihr die Kinderbücher in einfachem Englisch lesen musste, habe ich in dieser Zeit mein eigenes Englisch verbessern können und habe sehr viele neue Wörter gelernt. Obwohl sie so jung war, konnte sie mir einiges beibringen. Während ihres Mittagschlafes kam Patrick aus der Schule. Erst wurden die Hausaufgaben erledigt, dann ging es entweder zu Freunden von ihm, zum Sport (variierte mit den Jahreszeiten) oder wir malten, bastelten o.ä. Er war sehr wissbegierig und teilte dann sein neu erworbenes Wissen mit, wovon auch ich profitierte. Sobald Kendall wach wurde, habe ich versucht, etwas Nettes mit beiden zu unternehmen, wobei dies natürlich die schwierigste, wenn auch meist lustigste Zeit war. Wie alle Geschwister, haben sie sich oft gestritten. 3 Monate nach meiner Ankunft konnte ich spüren, dass mich die Kinder akzeptiert und die Familie als ganzes sich an meine Anwesenheit gewöhnt hatten. Sie kamen nun auch in mein Zimmer, zeigten mir von allein neue Dinge oder wollten auch manchmal gar nicht aufhören zu spielen, obwohl die Eltern nach Hause kamen. Ich für meinen Teil beherrschte nach 3 Monaten die Sprache viel besser und der Tagesablauf wurde zur Routine, sodass auch ich mich an meine Gastfamilie gewöhnt hatte und mich wohl fühlte. Im Oktober flog ich mit meiner Gastfamilie und einer befreundeten Familie nach Disney World Florida. Das war total klasse. Tagsüber war ich mit ihnen in den Vergnügungsparks und abends passte ich auf die Kinder auf. Auch dort verging die Zeit schon viel zu schnell. Dann folgten die zum Teil stressigen Familienfeste Thanksgiving und Weihnachten und kurz darauf Silvester und mein Geburtstag. Meine Gastfamilie hat eine große Verwandtschaft und damit hatten wir zu solchen Fest immer ein volles Haus. Bei solchen ‚Family-get-togethers’ merkte ich immer ganz plötzlich, wie sehr ich doch meine eigene Familie vermisste. Auch ich habe viel Verwandtschaft und bei solchen Anlässen fühlte ich mich an zu Hause erinnert, besonders bei Weihnachten. Gerade kurz vor Weihnachten habe ich erfahren müssen, dass meine Oma verstorben war. Ich war hin und her gerissen. Zum einen wollte ich gern bleiben, zum anderen wollte ich aber gern meiner Mutter beistehen und an der Beerdigung teilnehmen. Die Entfernung und mein Wunsch das Jahr durch zu halten, sowie die rührende Anteilnahme meiner Gastfamilie ließen mich bleiben. Direkt nach Weihnachten nahm ich meine erste Urlaubswoche und schaute mir mit Freunden Boston und Washington an. Silvester verbrachte ich mit einer Freundin (ein anderes Au-Pair, dass bei mir um die Ecke wohnte) und ihrer Familie, die sie über die Feiertage besuchen kam. Wir schauten uns das Musical Mamma-Mia an und kochten dann gemeinsam. Die Zeit verging und im März nahm ich meine zweite Urlaubswoche zur Springbreak und flog mit einer Freundin nach Jamaika. Wir kletterten Wasserfälle hinauf, schwammen in Meer, lernten viele neue Leute kennen und kauften viele Souvenirs. Jedes Au-Pair, das in die USA kommt, sollte dort so viel wie möglich reisen. Jede Ecke ist sehenswert, ob innerhalb des Landes oder außerhalb. Danach verging die Zeit wie im Flug. Dass die Zeit vergeht, kann man nicht aufhalten. Ich freute mich sehr auf zu Hause, hatte sehr guten Kontakt zu meiner Familie und meinen Freunden behalten, aber gleichzeitig konnte ich mir immer weniger glauben, dass ich wirklich gehen würde, je näher die Abreise rückte. Die Straßen und Menschen waren mittlerweile so vertraut, dass ich nicht glauben konnte und wollte, dass ich sie danach erstmal lange Zeit nicht wieder sehen würde. Als der Brief mit den Abreisemöglichkeiten ankam, entschloss ich mich dazu, den 13. Reisemonat zu nutzen und mit einem befreundeten Au-Pair nochmals zu reisen und mit ihr dann gemeinsam nach Hause zu fliegen. Ein Wochenende vorher verbrachte ich mit meiner Gastfamilie einen schönen Tag in New York City. Mein Abschieds Familienausflug. Wir besuchen den Central Park, spazierten durch New York und gingen dann in ein Restaurante in dem gesungen und getanzt wurde. Es war super schön und machte mir meine Abreise nicht leichter. Aber Abschiede sind nie leicht. Oft wurde mir vorher gesagt, dass die Zeit schnell vergehen würde und man nach dem Jahr die zu anfangs fremden Menschen, dann kaum noch verlassen möchte. Und ich muss sagen: es stimmt. Die Abreise kam und ich hab nur geheult. Alles zum letzten Mal sehen und tun, war merkwürdig. So vielen lieben Menschen Aufwiedersehen sagen war schwer. Nach dem Jahr habe ich jetzt Freunde überall auf der Welt und eine zweite Familie, die ich bei der nächsten Gelegenheit besuchen werde. Das gesamte Jahr hat mich reifer werden lassen und die Herausforderungen mich auch manchmal an meine Grenzen gebracht. Es war das Beste was ich tun konnte und würde es immer wieder machen. Zu wissen, dass man vermisst wird ist mir wichtig, denn es bedeutet, dass man anderen Menschen wichtig ist. Ich danke Allen, die mir das ermöglicht haben und mich während der Zeit unterstützten. Antje Witlake