Mein Berufsziel Englischlehrerin zu werden, stellte mich vor die Aufgabe mein Englisch stetig zu verbessern. In der Universität wurden zwar englischsprachige Texte und Bücher gelesen, aber oftmals wurde über die Inhalte in Deutsch gesprochen. Wie kann ich fließend Englisch sprechen lernen, wenn ich noch nicht einmal eine richtige Möglichkeit habe zu üben? Ständig ging ich mit dem Gefühl umher English nicht gut genug sprechen zu können, vor allem weil ja fast jeder Schüler schon einmal im englischsprachigen Ausland war. Und was hatte ich sprachlich vorzuweisen? 3 Wochen England und 2 Wochen Irland – das war mir nicht genug! Zudem ist Englisch eine Weltsprache. Gute Englischkenntnisse werden heute fast überall vorausgesetzt.
Die einfachere und günstigere Lösung die sich mir statt eines Auslandsstudiums bot, war Erfahrungen als Aupair zu sammeln. In die USA wollte ich schon immer einmal und nun hatte ich sogar Gelegenheit in einer amerikanischen Familie zu wohnen und hierdurch mehr über die amerikanische Kultur zu erfahren. Die Bewerbung über iSt ging rasch und für Fragen stand mir das Büro in Dresden immer zur Verfügung.
Ich hatte mich erst relativ kurzfristig entschieden am Programm teilzunehmen; erst Ende Juli und wollte am Besten schon im November rüber fliegen. Das hat schließlich auch geklappt. Bei solch einer kurzen Zeitspanne konnte ich natürlich nicht wählerisch sein und habe der ersten Familie, die mich anrief, zugesagt. Dies hat in sofern gepasst, dass meine Gastfamilie dringend Jemanden für November benötigte, da ihnen ein anderes Aupair vorher kurzfristig abgesagt hatte.
Am Aupairseminar in New York angekommen, hatte sich mein Traum einmal in meinem Leben in New York und den USA gewesen zu sein im Prinzip schon erfüllt. Trotz 10stündigen Seminartagen blieb mir und anderen Aupairs noch Zeit Kontakte zu knüpfen und die Stadt zu erkunden. Dann war es soweit. Wir reisten weiter zu unseren Gastfamilien. Mit zittrigen Knien stand ich am Flughafen. Am Anfang dachte ich: hoffentlich geht alles glatt; hoffentlich findet mich meine Gastfamilie; hoffentlich holen die mich ab. Am Ende habe ich nun herausgefunden, dass sich die Gastfamilie mindestens genauso viele Gedanken um ihr Aupair macht. Immerhin hat die Familie sehr viel Geld an die Aupairorganisation überwiesen und ist auf ein Aupair dringend angewiesen.
Und es hat auch alles geklappt. Meine Gastmutter und die 3 Kinder, sowie die Oma der Kinder haben mich am Flughafen in Charlotte freudig empfangen. Natürlich war es nun erst einmal komisch eine völlig fremde Familie in die Arme zu schließen und auch die Kinder wirkten etwas zurückhaltend. Die komplette erste Woche war für mich eine riesige Umstellung. Ich hatte nicht wirklich Heimweh oder auch nur irgendein Gefühl – es war alles einfach nur anders als bei mir zu Hause in Deutschland und ich musste zunächst erst mal einen Weg finden mich dem Haushalt anzupassen und mich einzugliedern.
Ich war wirklich in einer für deutsche Vorstellungen „typisch“ amerikanischen Familie gelandet. Wir aßen von Papptellern und meist nur Mikrowellengerichte. Das Haus war groß und jedes Schlafzimmer hatte wirklich sein eigenes Bad. Die Kinder hatten allen möglichen Schnickschnack und so viele Freiheiten wie nur möglich, so dass es manchmal so wirkte, als ob diese den Haushalt bestimmten.
Natürlich habe ich auch jede Menge Familien kennengelernt, die anders leben, die jeden Abend kochen und zusammen Abend essen, wo auch Kinder eine strengere Erziehung genossen als in meinem amerikanischen Zuhause. Aber diese großen Unterschiede hier in den Familien und in dem Lebensstil findet man ja daheim in Deutschland auch.
Im Nachhinein fand ich es gut einmal anders zu Leben wie daheim in Deutschland. So konnte ich einige Ideen und Erfahrungen für meinen Haushalt mitnehmen. Gleichzeitig setzte der andere Lebensstil aber auch voraus, mich an die neue Situation anpassen zu können.
Wichtig war mir, dass ich mit meiner Gastfamilie über alles reden kann. Und die meisten Amerikaner erschienen mir ziemlich offen und vor allem nett. Irgendwann fiel es mir sogar leichter dort über schwierige Situationen zu reden als in Deutschland. Und hat man sich erst einmal an das Englischreden gewöhnt, möchte man dies am liebsten beibehalten. So fällt es mir jetzt daheim wieder schwer mich umzugewöhnen.
Auch neue Freunde konnte ich in den USA finden. Ein japanisches, ein dänisches und ein französisches Aupair wohnten ganz bei mir in der Nähe. So konnte ich internationale Kontakte knüpfen und weitere Weltanschauungen und Kulturen kennenlernen. Wir haben schon Pläne geschmiedet uns gegenseitig zu besuchen und Kontakt halten ist Dank des Internets heutzutage auch kein Problem mehr.
Ein Jahr als Aupair ist eine Erfahrung fürs Leben, die ich jedem nur empfehlen kann. Auch wenn es nicht immer leicht ist mit einer Familie zusammenzuleben, so gewinnt man doch an neuen Einsichten, erlangt mehr Selbstbewusstsein und wird weltoffener. Auch wenn sich ein Jahr als Aupair lang anhört, so vergeht es am Ende doch sehr rasch…
Ich hoffe ihr entscheidet euch auch für ein Jahr als Aupair und macht eure eigenen Erfahrungen; Erfahrungen, die euch später niemand mehr nehmen kann!
Nadja