„War das wirklich die richtige Entscheidung, die ich getroffen hatte?!“, dachte ich mir in den letzten Tagen vor meinem Abflug. Schon seit Jahren hatte ich immer wieder über die Möglichkeit nachgedacht, als Au Pair für 1 Jahr in die Staaten zu gehen. Ich wollte neue Leute, neue Kulturen, neue Länder kennenlernen und vor allem die englische Sprache fließend sprechen lernen. Da ich allerdings ein sehr starker Familienmensch bin, hatte ich eine riesen Angst, so einen Schritt zu wagen, meine Heimat mit Freunden und Familie für einen so langen Zeitraum zu verlassen und ganz auf mich allein gestellt „ein neues Leben“ aufzubauen. Nach langem Informieren entschloss ich mich dann für ein AuPair-Jahr mit der Organisation iSt. Schon die Vorbereitung war eine riesen Aufregung, doch dass es wirklich für 1 Jahr ist, wurde mir erst in der 1. Woche in meiner Gastfamilie klar. Am 23.07. stieg ich noch vollen Mutes in den Flieger nach New York. Der Workshop in New York war total überwältigend, so viele neue nette Leute, alle in der gleichen Situation, es gab viel zu besprechen, dank der tollen Lage des YMCA direkt am Central Park konnte ich New York endlich live kennenlernen und mit all diesen tollen Eindrücken dann frisch in mein Jahr in meinem neuen „zu Hause“ starten. Erstmal angekommen in der Gastfamilie erwachte ich aus meinem Traum und landete auf dem Boden der Realität. Vieles war einfach nicht so, wie ich es mir vorgestellt hatte. Die Amerikaner sind andere Menschen und leben auch ein anderes Leben als das, was ich von zu Hause gewohnt war. Ich bekam starkes Heimweh und auch immer mehr Anfangsprobleme. Heute weiß ich, dass bei mir der Kulturschock in seinen vollen Zügen eingesetzt hatte. Eine solche Unordnung, wie sie in meiner Gastfamilie Gang und Gebe war, kannte ich nicht von zu Hause. Der Umgang, dass man einfach das Haus verlässt, ohne Bescheid zu sagen, war mir auch unbekannt und ich interpretierte irgendwann alles einfach nur noch negativ und wollte nach Hause. Dank meiner mitgebrachten Webcam konnte ich immer regelmäßig mit meiner Familie sprechen, die mich letztendlich überredete, es weiter zu versuchen und die Dinge mal anders zu sehen. Ich brauchte lange für eine solche Überwindung aber letztendlich lernte ich, mich anzupassen und die Dinge auch aus anderen Sichtweisen zu sehen. Mit meiner Gastfamilie taute ich immer mehr auf, wir verstanden uns irgendwann super, meine Gasteltern wurden zu tollen Gesprächspartnern und auch die Kinder schloss ich immer mehr ins Herz. Zu Beginn des Jahres habe ich immer mit anderen Gastfamilien verglichen und gedacht, die anderen haben es viel besser, da sie so herzlich empfangen wurden, ihre Gastfamilien sich so lieb am Anfang um ihre Au Pairs gekümmert haben (ich war fast völlig auf mich allein gestellt) etc. Doch mit der Zeit begannen bei all meinen Freunden die üblichen Probleme wie Überstunden, zu viel Arbeit, unterschiedliche Meinungen zur Erziehung, Geldprobleme usw. Bei mir war das nie der Fall und ich verstand mich immer besser mit meiner Gastfamilie. Meine Arbeit wurde immer toll anerkannt, ich erntete Lob und Dankbarkeit. Meine Gastfamilie nahm mich meist mit in Restaurants, zum Eis essen, in den Zirkus, zum Footballspiel, in den Urlaub an den Strand, zum Großvater, von Starbucks wurde mir mein Lieblingsgetränk mitgebracht, meine beste Freundin und meine Familie durften zu Besuch kommen, meine Freunde durften immer bei mir sein usw. Am Ende war ich sehr froh, genau diese Familie gewählt zu haben. Wir sind uns alle sehr ans Herz gewachsen und keiner wollte mich mehr gehen lassen. Natürlich hatte ich auch immer wieder kleine Rückfälle, es gab Enttäuschungen. Doch gerade dadurch lernte ich, auch mit solchen Situationen umzugehen, mich anzupassen und noch viel mehr. Ich habe sehr viele Erfahrungen für mein Leben aus diesem Jahr mitgenommen. Ich habe mich aufgrund meines dauerhaften Heimwehs das ganze Jahr durchkämpfen müssen aber es hat sich mehr als gelohnt. Ich habe sehr viel erlebt in meinem Jahr dort. Endlich konnte ich durch mein vieles Reisen die USA kennenlernen. Die Kinder haben einem sehr viel gegeben und wieder zurück in Deutschland vermisse ich einfach die Offenheit und Freundlichkeit der Amerikaner. Was auch sehr wichtig mein ganzes Jahr über in den Staaten war, sind Freunde. Ich habe dort viele andere Au Pairs kennengelernt und auch enge Freundschaften hoffentlich fürs Leben geknüpft. Man wächst sich sehr ans Herz und hat in seinen Freunden dann eine Art Familienersatz. Amerikaner konnte ich leider kaum kennenlernen, da dies einfach sehr schwer ist. Die meiste Zeit sind die Jugendlichen weit entfernt auf ihren Colleges und kommen nur in den Ferien nach Hause. Und auf der Straße allgemein sieht man nur sehr wenige gleichaltrige Amerikaner. Im Großen und Ganzen kann ich sagen, dass diese Entscheidung, für ein Jahr als Au Pair in die Staaten zu gehen, die richtige war und ich kann jedem so ein Jahr nur weiterempfehlen. Allerdings muss man sich vorher wirklich bewusst sein, auf was man sich einlässt. Viele Leute sagen mir heute, dass mich das Jahr charakterlich positiv verändert hat. Jetzt bin ich wirklich bereit, mein eigenes Leben zu leben.